Schweißen: Dokumentation und Produkthaftung

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Dass Betriebsanleitungen und technische Dokumentationen etwas mit dem Produkthaftungsgesetz zu tun haben, hat sich mittlerweile bei den meisten Herstellern geschweißter Produkte herumgesprochen. Dennoch betrachten viele Unternehmen ihre Instruktionspflicht als lästiges Übel, obwohl der Gesetzgeber den Instruktionsfehler eindeutig als Produktfehler definiert (§ 3 ProdHaftG). Lassen Sie es nicht erst zu Haftungsansprüchen kommen, bevor diesem Thema der richtige Stellenwert eingeräumt wird.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Auszug. Den vollständigen Beitrag finden Sie im Produkt „Die Schweißaufsicht im Betrieb“.

Richtlinien und Normen für die Dokumentation beim Schweißen

Zahlreiche europäische Richtlinien, Normen und Vorschriften regeln den Bereich der Sicherheit von Produkten und Maschinen. Der Gesetzgeber versucht damit den Verbraucher und Anwender vor Unfällen und Schäden durch Produktfehler zu schützen:

  • Gerätesicherheitsgesetz
  • Niederspannungsrichtlinie
  • EMV-Richtlinie

Technische Dokumentation als Zusatzleistung

Geschweißte Produkte, Maschinen und Anlagen werden immer ähnlicher und damit austauschbarer – insbesondere, was ihre technische Leistungsfähigkeit betrifft. Gleichzeitig steigt die Komplexität der Produkte, durch zunehmende Internationalisierung und Spezialisierung der Unternehmen wächst die Angebotsvielfalt. Es wird also schwieriger, sich mit Produkten zu profilieren und vom Wettbewerb abzuheben. Vor allem durch Zusatzleistungen, und hier insbesondere durch Serviceleistungen, lassen sich Wettbewerbsvorteile gegenüber den Mitbewerbern erzielen. Eine solche wichtige Zusatzleistung ist die gute technische Dokumentation.

Was ist eine technische Dokumentation beim Schweißen?

Eine technische Dokumentation beschränkt sich nicht auf die Gebrauchsanleitung. Unter diesem Begriff werden alle Informationen zusammengefasst, die das Produkt während der einzelnen Lebensphasen begleiten, z.B.:

  • Entwicklerdokumentationen
  • Unterlagen für den Vertrieb
  • Schweißanweisungen (WPS)
  • Reparaturhandbücher
  • Stücklisten
  • Ersatzteilkataloge für Kundendienst und Servicestellen

Zunehmend bedeutsamer wird die interne Dokumentation, insbesondere im Kontext von Wissens- und Informationsmanagement. Besondere Anforderungen an die technische Dokumentation stellen die deutsche und die internationale Gesetzgebung. EU-Normen, Produkthaftung und CE-Zertifizierung verpflichten Unternehmen, sicherheitsgerechte Dokumentationen als Bestandteil des Produkts mitzuliefern. Eine mangelhafte Dokumentation gilt als Mangel am Produkt, der zu Reklamationen oder sogar zu Schadensersatzansprüchen führen kann.

Marketinginstrument

Die technische Dokumentation fürs Schweißen muss aber nicht nur rechtlichen Anforderungen, sondern auch Marketingkriterien genügen. Sie trägt zum Nutzen des Produkts bei, gibt Hinweise zum sicheren Gebrauch, kommuniziert Vorteile und Nutzen des Produkts und erschließt diese dem Nutzer. Somit muss sie zwangsläufig in den Fokus der Marketing- und Vertriebsverantwortlichen bei den Herstellerunternehmen rücken. Welches andere Kommunikationsmittel verbleibt während der gesamten Nutzungsdauer des Produkts beim Käufer? Und welche anderen Unterlagen des Marketings genießen beim Kunden eine ähnlich hohe Glaubwürdigkeit?

Jede nutzerorientierte Dokumentation ist intensive, direkte und unmittelbare Kommunikation mit dem Käufer oder potenziellen Kunden. Gut gemachte Dokumentationen, Handbücher oder Anleitungen erklären und erleichtern dem Kunden den Gebrauch des Produkts und verringern damit Bedienungsfehler. So kann der Hersteller Kosten für Support und für Garantieleistungen sparen.

Fehlbedienung reduzieren

Darüber hinaus sinkt die Anzahl von Reklamationen wegen Fehlbedienungen. Nicht zuletzt kann mithilfe eines zielgruppengerechten, verständlichen und zum Lesen motivierenden Handbuchs der Schulungsaufwand deutlich verringert werden. Wird die Literatur zum Produkt als Marketinginstrument verstanden, entspricht dies ihrer Bedeutung als Imagebildnerin und Kundenbindungsinstrument.

Ein Käufer ist dann erst zufrieden, wenn er durch die Dokumentation und die erfolgreiche Nutzung des Produkts in seiner Kaufentscheidung bestätigt wird. Unzufrieden ist er, wenn er aufgrund einer mangelhaften Dokumentation nicht in der Lage ist, das Produkt erwartungsgemäß einzusetzen. Funktioniert das Produkt beim Kunden nicht, weil er durch das Handbuch nicht ausreichend unterstützt wird, schwächt dies auch das Image des Herstellers.

Dokumentationen werden häufig vernachlässigt

Häufig wird die Dokumentation jedoch nur als notwendiges Übel betrachtet. Vielfach wird sie unter Zeitdruck erstellt und aus Zulieferdokumentationen zusammengewürfelt. Offenbar denken die Hersteller nicht an die Kosten, die den Kunden entstehen, wenn beispielsweise die Anlagen bei Wartungsarbeiten lange stillstehen, weil die richtige Vorgehensweise aus der Dokumentation fürs Schweißen nur mühsam erschlossen werden kann.

Sind die Informationen jedoch vollständig, optimal strukturiert und so dargestellt, dass der Nutzer sie schnell erfassen kann, dann können solche Arbeiten reibungslos durchgeführt werden. Die Anlage kann schnell wieder in Betrieb gehen, der Umsatzausfall ist planbar und der Kunde ist zufrieden!

Betriebsanleitung

Arten

Die technische Dokumentation dokumentiert die ordnungsgemäße Durchführung des Konformitätsverfahrens und muss beim Inverkehrbringen eines Erzeugnisses in die Europäische Gemeinschaft vorliegen. Unterschieden wird hierbei zwischen zwei Arten:

interne Dokumentationexterne Dokumentation
– sämtliche Versuchsprotokolle
– Produkt- und Verfahrensbeschreibungen (WPS, innerbetriebliche Schweißrichtlinie)
– Berechnungen, Prüfergebnisse und Messprotokolle
– Gefahrenanalyse
– Betriebsanleitung
– technische Zeichnungen und Pläne
– Ersatz- und Verschleißteillisten
– EG-Konformitätserklärung
Die interne Dokumentation verbleibt beim Hersteller.Die Betriebsanleitung muss in der Landessprache des Verwendungslands vorliegen.

Definition

Zum Thema „Betriebsanleitung“ schreibt die Richtlinie 89/392/EWG u.a. vor:

„Die Betriebsanleitung wird vom Hersteller oder seinem in der Gemeinschaft niedergelassenen Bevollmächtigten in einer der Gemeinschaftssprachen erstellt. Bei der Inbetriebnahme einer Maschine müssen die Originalbetriebsanleitung und eine Übersetzung […] in der oder den Sprache(n) des Verwendungslandes mitgeliefert werden. Diese Übersetzung wird entweder vom Hersteller oder von seinem in der Gemeinschaft niedergelassenen Bevollmächtigten oder von demjenigen erstellt, der die Maschine in dem betreffenden Sprachgebiet einführt. Abweichend hiervon kann die Wartungsanleitung für Fachpersonal, das dem Hersteller oder seinem in der Gemeinschaft niedergelassenen Bevollmächtigten untersteht, in einer einzigen von diesem Personal verstandenen Gemeinschaftssprache abgefasst sein. Für Maschinen, die auch zum Gebrauch durch private Benutzer bestimmt sein können, muss bei der Abfassung und Gestaltung der Betriebsanleitung […] dem allgemeinen Wissensstand und der Verständnisfähigkeit, die nach vernünftigem Ermessen von solchen Benutzern erwartet werden kann, Rechnung getragen werden.“

Anschlagpunkte

Der Hersteller von z.B. Anschlagpunkten, die dazu bestimmt sind, an der Last oder an Lastaufnahmemitteln angeschweißt zu werden, hat in seiner Betriebsanleitung u.a. Folgendes anzugeben.

Für das Anschweißen:

  • Wer ist schweißberechtigt? (z.B. ein geprüfter Schweißer nach DIN EN ISO 9606-1)
  • Beispiele für verwendbare Schweißzusatzwerkstoffe
  • erforderlicher Schweißnahtquerschnitt
  • ggf. Notwendigkeit einer Vorwärmung der Anschweißstelle mit Temperaturangabe
  • Mindestlänge der Schweißnaht

Für das Anschrauben:

  • Es dürfen nur mitgelieferte Schrauben verwendet werden.
  • Mitgelieferte Schraubensicherungen sind zu verwenden.
  • Die Schraubenauflagefläche muss eben sein.
  • erforderliches Anzugsdrehmoment
  • Angabe über Gewindetiefe in Stahl, Gusseisen, Aluminiumlegierungen usw.
  • Angabe über die Tiefe der Sacklöcher

Weiterhin muss die Betriebsanleitung folgende Hinweise enthalten:

  • Die Anschlagpunkte sind so anzubringen, dass sie leicht und ohne Behinderung zum An- und Aushängen des Anschlagmittels erreicht werden können.
  • Die Anschlagpunkte sind so anzubringen, dass keine Gefahrstellen (Quetschstellen, Scherstellen, Fang- oder Stoßstellen) entstehen, die den Anschläger gefährden oder den Transport durch Hervorstehen behindern.
  • Der Anbringungsort ist so zu wählen, dass die eingeleiteten Kräfte vom Grundwerkstoff ohne die Sicherheit beeinträchtigende Verformungen aufgenommen werden können (ggf. Mindestblechdicke angeben).
  • Die Lage der Anschlagpunkte an der Last ist so zu wählen, dass unzulässige Beanspruchungen, z.B. durch außermittigen Lastangriff, vermieden werden. Anzahl und Anordnung müssen so gewählt sein, dass die Last beim Transport ihre Lage nicht unvorhergesehen ändert.
  • Die Anschlagpunkte sind so an der Last anzuschweißen, dass durch andere Konstruktionsteile das Anschlagmittel nicht umgelenkt wird. Dabei muss berücksichtigt werden, dass eine mögliche Beschädigung des Anschlagmittels durch Konstruktionsteile, z.B. scharfe Kanten, ausgeschlossen ist.
  • Die Anschlagpunkte müssen mit Kontrastfarbe leicht erkennbar gemacht werden.
  • Anschlagpunkte sind nach den Montagearbeiten sowie mindestens einmal jährlich durch einen Sachkundigen prüfen zu lassen.
  • Anschlagpunkte sind regelmäßig vor dem Gebrauch, z.B. durch Anschläger, in Augenschein zu nehmen (Anrisse der Schweißnaht, starke Korrosion, Verformungen usw.).

Benutzer

Diese Betriebsanleitung muss für den Benutzer verständlich formuliert sein und in angemessener Form dem Produkt bzw. dem Anwender zur Verfügung gestellt werden. Die Schweißaufsichtsperson des Anwenders ist verantwortlich dafür, dass die Angaben zur schweißtechnischen Verarbeitung in der Betriebsanleitung von den Schlossern und Schweißern befolgt werden!

Autor: Dipl.-Ing. Reinhard Örtl

Den kompletten Beitrag finden Sie in „Die Schweißaufsicht im Betrieb“.