Schadensfall – Sanierung einer Stauklappe

Nietkonstruktion wird durch eine Schweißausführung ersetzt

Bereits in den Jahren 1938 bis 1944 wurden mehrere Illerstaustufen zwischen Kempten und Memmingen nach der Bauart Arno Fischer errichtet. Der Vorteil bei dieser Unterwasserausführung stellte die kriegswichtige Tarnung dar, die wenigen Dachflächen wurden begrünt und das Kraftwerk selbst konnte durch das Senken der Stauklappen vollkommen überströmt werden. Die erzeugte Leistung der Illerstaustufe VI in Legau beträgt 6 MW bei einer Fallhöhe von 8,2 Metern. Bauherr und Betreiber des Wasserkraftwerks sind die Lech Elektrizitätswerke AG (LEW) in Augsburg.

Bei der Kraftwerksbauweise Arno Fischer (Reichspatent von 1935) bilden Wehr und Kraftwerk einen gemeinsamen Baukörper, das Stauklappenwehr verfügt dabei über 4 aufgesetzte Klappen und einen im Wehrkörper integrierten Maschinenraum. Das Kraftwerk verfügt über vier parallel angeordneten Straflo-Turbinen und vier Maschinensätze.

Bei Überprüfung der Stauklappen wurde an einer Stauklappe ein größerer Schaden entdeckt.

Trockengelegte Stauklappen 3 und 4
Trockengelegte Stauklappen 3 und 4

Bei dem am Hauptlager der Klappe 4 festgestellten Schaden handelt es sich um einen kompletten Bruch der beiden lastabtragenden Lagerblechwangen (eine Nietkonstruktion) der im Staubalken rückverankerten Lagerböcke.

Gerissenes Hauptlager Stauklappe 4
Gerissenes Hauptlager Stauklappe 4
Beidseitig gerissene lastragenden Lagerblechwangen (Nietkonstruktion) (1)
Beidseitig gerissene lastragenden Lagerblechwangen (Nietkonstruktion) (1)
Beidseitig gerissene lastragenden Lagerblechwangen (Nietkonstruktion) (2)
Beidseitig gerissene lastragenden Lagerblechwangen (Nietkonstruktion) (2)

Der Schadensumfang war so groß, dass die Klappe 4 trockengelegt werden musste und nicht mehr betrieben werden konnte. Ein Ingenieurbüro wurde nun beauftragt, diese Nietkonstruktion durch eine Schweißausführung zu ersetzen und statisch zu berechnen.

Es handelt sich hierbei um eine Reparaturmaßnahme bei der der Altbestand und das Verankerungssystem des bestehenden Hauptlagers weiterverwendet werden sollen und bei der ggf. vorliegende Schädigungen der nicht einsehbaren und nicht freigelegten Bereiche nicht berücksichtigt werden konnte. Die Berechnungen der Antriebs- und Lagerkräfte der bestehenden Wehrklappe erfolgten auf der Grundlage der Norm DIN 19704-1.

Um eine Aussage zur Schweißbarkeit des damals verwendeten Stahls treffen zu können, musste als erstes festgestellt werden, um welchen Stahltyp es sich handelt. Die in dieser Zeit im Stahlwasserbau eingesetzten Altstähle waren in der Regel Flusseisen bzw. Flussstähle. Hierzu wurden Proben am Altstahl entnommen und beim IWT Solutions AG Prof. Dr. Peter Langenberg Untersuchungen bezüglich der chemischen Analyse und der mechanischen technologischen Eigenschaften durchgeführt.  

Beurteilung der Schweißbarkeit des Altstahls

Bei dem Stahl handelt es sich um einen unberuhigt vergossenen Flussstahl. Der Grad der Verunreinigungen ist relativ hoch nach heutigem Maßstab, aber üblich für die Zeit. Die chemische Zusammensetzung hat ein sehr niedriges Kohlestoffäquivalent aufgrund des niedrigen Kohlenstoffgehalts.

Dennoch ist die Schweißeignung als eingeschränkt zu benennen. Im Randbereich wird eine Speckschicht mit geringen Verunreinigungen das Schweißen von Kehlnähten begünstigen. Bei Stumpfschweißungen können die ausgeprägten Seigerungen, insbesondere der hohe Sauerstoffgehalt zu Problemen mit dem Schweißbad führen, was zu Schweißfehlern führen kann. Es ist daher erforderlich, vorher an den Stählen für alle geplanten Nähte und Verfahren und Schweißer eine Qualifizierung vorzunehmen. Dabei sollten die heute im Stahlbau üblichen Standards der Schweißverfahrens- und Schweißerqualifizierung berücksichtigt werden.

Üblicherweise werden für das Schweißen alter Stähle basische Elektroden empfohlen. Bereits im unbeeinflussten Altstahl war die Kerbschlagarbeit bei -20°C praktisch nur 3 Joule. Deshalb ist bei der Verfahrensprüfung ein besonderes Augenmerk hierauf zu richten.

Durchführung der Schweißarbeiten unter Baustellenbedingungen

Nachdem alle Werkstoffuntersuchungen und Verfahrensprüfungen ohne Probleme abgeschlossen waren, konnte mit den Arbeiten in der Werkstatt und auf der Baustelle begonnen werden.

Die Neufertigung des Hauptlagers konnte als Untergruppe in der Werkstatt des Auftragnehmers durchgeführt werden. Dort wurde auch gleich die Oberflächenrissprüfung nach dem Magnetpulververfahren durch einen zertifizierten Prüfer erledigt und dokumentiert.

Neugefertigte Untergruppe aus S355
Neugefertigte Untergruppe aus S355
MT-Prüfung der Untergruppe
MT-Prüfung der Untergruppe

Autor: Peter Gerster

Bildquelle: Peter Gerster

Tipp der Redaktion

Lesen Sie auch den Schadensfall „Ermüdungsschaden an einem Baggerausleger“.

Den kompletten Fachbeitrag finden Sie in „Die Schweißaufsicht im Betrieb“