DIN EN 1090 und Qualifizierung von Schweißverfahren

Die Qualifizierung von anzuwendenden Schweißverfahren ist ein notwendiger wie logischer Schritt im Zuge eines umfassenden Qualitätsverständnisses und steht letztlich im Zusammenhang mit der Herstellerverantwortung für Produktsicherheit und Produkthaftung. Überdies kann eine solche Qualifizierung auch durch gesetzlich bindende Vorgaben in den relevanten Rechtsvorschriften gefordert werden. Weiterhin kann sich sowohl aus bestehenden Verträgen zwischen Schweißbetrieb (Hersteller, Lieferant) und Kunden als auch aus eigenständig in den Unternehmen aufgesetzten Qualitätsgrundsätzen die Notwendigkeit eines Qualifizierungsprozesses von Schweißverfahren ergeben.

Über die Grundanforderungen im Hinblick auf die einsetzbaren Schweißverfahren und die Aufstellung von Schweißanweisungen für die Herstellung von Stahl- und Aluminiumtragwerken sollen hier die anwendbaren Spezifikationen für die Qualifikation der Verfahren dargelegt werden. Die Anwendbarkeit ist abhängig von:

  • Ausführungsklasse
  • Grundwerkstoff
  • Mechanisierungsgrad

Weitere Methoden der Qualifizierung sind anwendbar bei den anderen zulässigen Schweißprozessen,
neben dem Lichtbogenschweißen.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Auszug. Den vollständigen Beitrag finden Sie im Fachbuch „Schweißanweisung und Schweißverfahrensprüfung“.

Stahltragwerke nach DIN EN 1090-2

SchweißverfahrenAusführungsklasseZulässiges Verfahren der Qualifizierung bzw. anwendbare Norm
111 Lichtbogenhandschweißen
114 Metall-Lichtbogenschweißen mit selbstschützender Elektrode
12 Unterpulverschweißen
13 Metall-Schutzgasschweißen
14 Wolfram-Schutzgasschweißen
EXC 2
  • vorliegende schweißtechnische ErfahrungEinsatz von geprüften SchweißzusätzenStandardschweißverfahrenvorgezogene ArbeitsprüfungSchweißverfahrensprüfung (DIN EN ISO 15614-1, Stufe 2 bzw. in Bezug auf Betonstahl: DIN EN ISO 17660-1 bzw. -2)
  • EXC 3
  • vorgezogene Arbeitsprüfung
  • Standardschweißverfahren*)
  • Schweißverfahrensprüfung (DIN EN ISO 15614-1, Stufe 2 bzw. in Bezug auf Betonstahl: DIN EN ISO 17660-1 bzw. -2)
  • EXC 4
    *) sofern nach den Ausführungsunterlagen zulässig

    Detaillierte Festlegungen sind in der Norm getroffen zu den folgenden Aspekten im Zusammenhang mit der Qualifizierung der Schweißverfahren:

    • Zugversuche bzw. Kreuzzugversuche bei Stahlsorten ≥ S460
    • unbedingte Notwendigkeit einer Schweißverfahrensprüfung für die erste Lage von Kehlnähten mit tiefem Einbrand
    • Vorgehen beim Schweißen auf Fertigungsbeschichtungen
    • unbedingte Notwendigkeit einer Schweißverfahrensprüfung bei nichtrostenden Stählen mit Ausnahme der Stahlsorten im nicht verfestigten Zustand

    Für die Ausführung von Schweißverfahrensprüfungen und vorgezogenen Arbeitsprüfungen bei Stahltragwerken nach DIN EN 1090-2 Punkt 7.4.1.2 müssen zusätzlich besondere Anforderungen bei den Qualifizierungen von Lichtbogenschweißverfahren berücksichtigt werden hinsichtlich:

    • der Ausführung von Kerbschlagbiegeprüfungen
    • Mikroschliffuntersuchungen für Grundwerkstoffe nach DIN EN 10025-6
    SchweißverfahrenAusführungsklasseZulässiges Verfahren der Qualifizierung bzw. anwendbare Norm
    21 Widerstandspunktschweißen
    22 Rollennahtschweißen
    23 Buckelschweißen
    alleSchweißverfahrensprüfung (DIN EN ISO 15614-12)
    24 AbbrennstumpfschweißenalleSchweißverfahrensprüfung (DIN EN ISO 15614-13)
    42 Reibschweißenallenach DIN EN ISO 15620
    52 LaserstrahlschweißenalleSchweißverfahrensprüfung (DIN EN ISO 15614-11)
    783 Hubzündungs-Bolzenschweißen mit Keramikring oder Schutzgas
    784 Kurzzeit-Bolzenschweißen mit Hubzündung
    786 Kondensatorentladungs-Bolzenschweißen mit Spitzenzündung
    DIN EN ISO 14555nach DIN EN ISO 14555

    Aluminiumtragwerke nach DIN EN 1090-3

    SchweißverfahrenAusführungsklasseZulässiges Verfahren der Qualifizierung bzw. anwendbare Norm
    131 Metall-Inertgasschweißen
    141 Wolfram-Intertgasschweißen
    43 Rührreibschweißen
    EXC 2Standardschweißverfahren vorgezogene Arbeitsprüfung Schweißverfahrensprüfung (DIN EN ISO 15614-2)
    EXC 3EXC 4vorgezogene Arbeitsprüfung Schweißverfahrensprüfung (DIN EN ISO 15614-2)
    andere Schweißprozesseallevorgezogene Arbeitsprüfung Schweißverfahrensprüfung (zutreffende Teile der Normenreihe DIN EN ISO 15614)

    Für die Aluminiumtragwerke nach DIN EN 1090-3 müssen bei der Anwendung von Schweißverfahrensprüfungen und vorgezogenen Arbeitsprüfungen nach dem dortigen Punkt 7.4.1 zusätzlich die folgenden besonderen Bedingungen beachtet werden:

    • Stumpfnähte qualifizieren nicht Kehlnähte
    • Qualifizierung von Kehlnähten zusätzlich nach Anhang C der DIN EN 1090-3

    Zudem wird dort auf zu beachtende Besonderheiten im Zusammenhang mit dem Schweißen von Aluminiumschmiedeteilen und Aluminiumgussteilen hingewiesen.

    Gültigkeit und erneute Qualifizierung

    Die Normenreihe DIN EN 1090-2 bezieht sich im Hinblick auf die Gültigkeit der Qualifizierungen ausschließlich auf die relevanten Anwendungsnormen (siehe 4.1). Gegebenenfalls dort geforderte Arbeitsprüfungen müssen entsprechend ausgeführt werden, sofern ein bestimmtes Schweißverfahren über eine längere Zeit nicht angewendet wurde.

    Bei den Aluminiumtragwerken nach DIN EN 1090-3 muss, sofern ein nach (DIN) EN ISO 15614-2 qualifiziertes Verfahren mehr als ein Jahr nicht angewendet wurde, eine Arbeitsprüfung ausgeführt werden. Form und Abmessungen dieser Prüfung entspricht EN ISO 15614-2 und ggf. Anhang C der EN 1090-3. Bei der Untersuchung und der Prüfung müssen eingeschlossen sein:

    • Sichtprüfung
    • Radiografie
    • Oberflächenrissprüfung
    • Makroschliffuntersuchung

    Tipp der Redaktion: Fachbuch „Schweißanweisung und Schweißverfahrensprüfung

    Schweißanweisung und Schweißverfahrensprüfung
    • Schweißen als spezieller Prozess und umfassender Qualitätsansatz
    • Anforderungen aus Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung
    • Die Schweißanweisung als Bestandteil der Produktplanung
    • Qualifizierung von Schweißverfahren und die DIN EN 1090
    • Die Schweißverfahrensprüfung

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    Autor: Dipl.-Ing. Jürgen Bialek
    Jürgen Bialek arbeitet als Beratender Ingenieur und ist Inhaber eines Ingenieurbüros in Freiberg/Sachsen. Er ist Internationaler Schweißfachingenieur, Product Compliance Specialist und zertifizierter Sachverständiger für Maschinensicherheit, technische Dokumentation und Fördertechnik.